Lob der unabhängigen Justiz

Ob in Rom oder Hannover: in den vergangenen Tagen hat sich gezeigt, welch kostbares Gut eine unabhängige, standfeste Justiz für die Wahrung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ist.

Das italienische Verfassungsgericht hat am 14. Februar entschieden, dass der so genannte „Ruby-Prozess“ gegen den ehemaligen Ministerpräsidenten Berlusconi in die Kompetenz der Mailänder Justiz gehört und nicht, wie vom Parlament seinerzeit mehrheitlich beschlossen und von B.s Anwälten erneut beantragt, in die eines Ministergerichts. Die aberwitzige Begründung, mit der das Verfahren der Mailänder Justiz entzogen werden sollte, lautete: B. habe geglaubt, die junge (damals gar minderjährige) Prostituierte mit dem „Künstlernamen“ Ruby Rubacuori sei die Nichte des früheren ägyptischen Präsidenten Mubarak; B. habe daher beim Versuch, bei ihrer Verhaftung den zuständigen Polizeibeamten unter Druck zu setzen, in seiner Funktion als Regierungschef gehandelt, um einen diplomatischen Eklat zwischen beiden Staaten abzuwenden. Diesen offensichtlichen Unsinn, den die Mehrheit von PdL und Lega im Parlament als Wahrheit absegnete, haben die Richter nun vom Tisch gewischt.

Zwei Tage später traf die hannoversche Staatsanwaltschaft bekanntlich eine noch delikatere Entscheidung: Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen keinen geringeren als den Bundespräsidenten, samt Antrag, dessen Immunität durch das Parlament aufheben zu lassen. Sie hat gründlich geprüft und dann sachlich entschieden, ohne sich von den gravierenden politischen Konsequenzen beirren zu lassen, die ihre Entscheidung unvermeidlich haben musste.

La legge è uguale per tutti. Das Gesetz ist für alle gleich. Diesen Grundsatz, der für die Bürger manchmal hohl klingt und der Realität leider allzu oft nicht Stand hält, haben diese mit Rückgrat ausgestatteten Richter und Staatsanwälte mit Leben gefüllt. Sie zeigen einmal mehr von welcher zentraler Bedeutung eine unabhängige Justiz ist, die nicht am Gängelband der politischen Macht handelt. Genau diese Unabhängigkeit ist es, die B. in Italien mit allen Mitteln versucht hat zu unterminieren. Und noch gibt es keine Garantie, dass ihm das bei einem nächsten Anlauf nicht noch gelingen könnte.

Doch heute gilt: die Verfassungsrichter in Rom und die Staatsanwälte in Hannover haben ihren Ländern eine Sternstunde der Demokratie geschenkt, die – völlig unabhängig davon, wie die jeweiligen Verfahren ausgehen – das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkt. Ihnen gebührt der Respekt und der Dank von uns Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland wie in Italien. Und – was soll ich sagen – mich beglückt irgendwie auch der Umstand, dass mit Rom und Hannover gerade die zwei Städte daran beteiligt sind, die meine Heimatstädte sind und die ich in besonderer Weise liebe. Doof, was?