„Bwana“ und die Tippse

Massimo D’Alema, alter PD-Haudegen (Spitzname „Leader Maximo“), und Matteo Renzi, junger Bürgermeister von Florenz und Favorit im Rennen um den Posten des PD-Generalsekretärs, verbindet eine herzliche Feindschaft.

D’Alema gehört zu denen, die Renzi dringend zur „Verschrottung“ empfahl, was allerdings nur partiell gelungen ist. Zwar hat D’Alema auf eine Kandidatur bei den letzten Parlamentswahlen verzichtet und hält auch „offiziell“ keine wichtige Parteiämter mehr inne, gilt aber weiterhin als politischer Strippenzieher, der auf beträchtliche Truppen innerhalb der PD zählen kann. Auch Gianni Cuperlo, der Hauptkontrahent von Renzi um das Amt des Generalsekretärs, gilt als „Dalemiano“.

Schlagabtausch zwischen zwei Alphatieren

"Bwana" Massimo D' Alema

„Bwana“ Massimo D’Alema

D’Alema und Renzi könnten – nicht nur politisch, sondern schon als „Typen“ – unterschiedlicher nicht sein. Der erste ist bekannt (und gefürchtet) für seine süffisant-arrogante Ironie, die an einen von der Dummheit der Welt etwas angeekelten Aristokraten erinnert. Wenn ihm die Fragen von Medienvertretern allzu dämlich erscheinen, pflegt er – wie es Filippo Ceccarelli in der „Repubblica“ treffend beschreibt – die Augenbrauen auf unnachahmliche Weise ein wenig hochzuziehen und, milde lächelnd, den Kopf leicht zur Seite zu neigen. Als ob er sagen wollte: „Sie glauben jetzt doch wohl nicht, dass ich mich auf so einen Quatsch einlasse?“.

Auf ganz anderer Art, aber mindestens genauso effektvoll, weiß sich Renzi in Szene zu setzen. Er spielt hemmungslos seine jugendliche Ausstrahlung aus, ist spritzig, witzig, brillant, flink in den Bewegungen, sportlich-elegant. Und spricht in Bildern, die „alle verstehen“. Seine Pfeile auf den politischen Gegner – vor allem innerhalb der eigenen Partei – sind giftig, aber mit einer Leichtigkeit geschossen, die sogar dem Angriff einen gewissen Charme verleiht.

Eins haben der „Leader Maximo“ und der toskanische Sunny Boy allerdings gemeinsam: ihre unerschütterliche Überzeugung, dass sie selbst die Größten sind. Auch wenn es der Ältere eher schafft, dies dezent ein wenig zu verdecken. Während der Jüngere so vor Selbstbewusstsein strotzt, dass es manchmal schon fast rührend wirkt.

Kostproben

Auf jeden Fall ist es vergnüglich, zu lesen, welche Nettigkeiten sich die beiden Herren gegenseitig an den Kopf werfen. Hier einige Kostproben:

D’Alema über Renzi – in Anspielung auf dessen etwas irritierende Vorliebe, sich dem Twittern auch dann heftig hinzugeben, während er gleichzeitig mit den Medien spricht, wobei er rasch mit zehn Fingern „blind“ über die Tastatur hinwegfliegt:

„Ich leugne ja nicht, dass er im Zehn-Fingern-Schreiben auf dem PC wirklich tüchtig ist. Aber wir suchen einen Generalsekretär – keine Tippse“.

Renzi zu D’Alemas kritischen Äußerungen über ihn:

„Er ist nur böse auf mich, weil er möchte, dass ich zu ihm ‚Ja, Bwana! Ja, Bwana!‘ sage“ (mit „Bwana“ redeten in Kolonialzeiten die afrikanischen „Untergebenen“ die weißen Herrscher an, MH).

D’Alema in Anspielung auf Renzis Fan Flavio Briatore (Unternehmer, Freund Berlusconis und „Bon vivant“):

„Renzis Sieg würde zu einem enormen Verlust an Mitgliedern führen. Das wäre ein ernsthaftes Problem. Denn wer soll dann die Wahlstände abbauen, vielleicht Briatore?“.

Renzi über D’Alema, der ihn als „ignorant und oberflächlich“ bezeichnet hatte, nach Bekanntgabe der Vorabstimmung unter den PD-Mitgliedern über den künftigen Generalsekretär:

„Er war fest davon überzeugt, dass er, das heißt Cuperlo, bei den Mitgliedern gewinnen würde, also hat er nicht nur verloren, sondern er hat sogar gegen einen Ignoranten und Oberflächlichen verloren. Ist doch klar, dass er jetzt sauer ist“.

Die Entscheidung naht

Was zunächst als amüsantes Scharmützel erscheint, spiegelt die tiefe Zerrissenheit innerhalb der größten Partei im Mittelinks-Lager wieder, die durch die regierende Zwangskoalition mit der Rechten ohnehin unter Dauerstress steht

Mit ziemlicher Sicherheit wird „die Tippse“, die bereits in den örtlichen Parteikongressen die meisten Stimmen erhielt und auf dem darauf anschließenden Nationalkonvent der PD entsprechend bejubelt wurde, auch bei der alles entscheidenden (auch für Nicht-Mitglieder offenen) Wahl am 8. Dezember als Sieger im Kampf um das Amt des Generalsekretärs hervorgehen. Spätestens dann sollten eigentlich die verfeindeten Fraktionen innerhalb der Partei den Bruderkampf für beendet erklären und sich auf den politischen Gegner konzentrieren. Eigentlich. Aber wer die PD und ihre Geschichte kennt, weiß, dass es auch ganz anders kommen kann. Zumal sich – als Konkurrent um die Spitzenkandidatur bei künftigen Parlamentswahlen – noch einer in Reserve hält, den Renzi nicht unterschätzen sollte: Ministerpräsident Enrico Letta, der mit den „Eiern aus Stahl“.

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