Wahlkampf zwischen drei Polen (1) – das rechte Bündnis

In ein paar Tagen ist Wahl. Die gute Nachricht: Der politische Bipolarismus, d. h. die Konfrontation zweier großer Lager, ist schon in diesem Wahlkampf vorbei. Ihm ist keine Träne nachzuweinen, da er Italien jahrzehntelang in die Abhängigkeit eines Populisten brachte, dem nicht einmal der Aufbau einer konservativen Partei gelang, aber der das Land und dessen Demokratie fast in den Ruin trieb. Die schlechte Nachricht: Ganz tot ist der Bipolarismus immer noch nicht. Nicht nur im Wahlgesetz lebt er weiter, sondern auch B., der die Welt in Licht (mit ihm als Zentralgestirn) und Finsternis teilt, ist immer noch ganz munter. Und er hat, wie sich bald zeigen wird, weiterhin Millionen von Anhängern.

Beunruhigende Prognose

Bis zur Wahl am 24. / 25. 2. dürfen in Italien keine Prognosen mehr veröffentlicht werden. Eine der letzten veröffentlichte die „Repubblica“ am 8. Februar (in Prozent), im Vergleich mit einer Prognose, die zwei Wochen vorher erhoben wurde:

sondaggi

Der Vergleich zeigt die Tendenz, in der sich auch alle anderen Umfrage-Institute einig sind: B. holt auf. Abgesehen von Grillos 5-Sterne-Bewegung und Ingroias „Rivoluzione Civile“ (über die wir berichteten) geht es um drei Lager, die sich mit den Namen Berlusconi, Bersani und Monti verbinden.

Das rechte Lager um Berlusconi

Wahlkampfidylle

Wahlkampfidylle

Noch vor einem Monat hätte es niemand für möglich gehalten: B.s Bündnis mit der Lega lag Anfang Februar nur 5,5 % hinter Mittelinks – zwei Wochen zuvor waren es noch über 12 % gewesen. B. schafft es, wieder sein Lager zu mobilisieren, das zeitweise in die Enthaltung oder zu Grillo abgewandert war. Die Mittel, mit denen dies B. gelingt, verraten viel über seine Wählerschaft: permanente Medienpräsenz, Show, schmierige Herrenwitze, Spekulation auf Vergesslichkeit und kruden Eigennutz, primitive Feindbilder (Kommunisten, „la Germania“), Abrakadabra („Pakt mit den Italienern“). Inhaltlich ist es der Neuaufguss alter (meist ungehaltener) Versprechen: Steuer- und Bauamnestien, Millionen von Arbeitsplätzen, Steuerrückzahlungen und -senkungen. Der Milliardär zieht alle Register: Für „seinen“ AC Mailand kaufte er Balotelli, „weil der zwei Tore gegen Deutschland schoss“ – gegen die Wurzel allen Übels, wie B. dem Volk einbläut.

Sein Nahziel ist es, wenigstens in einer der beiden Kammern eine Mittelinks-Mehrheit zu verhindern, wofür er im Senat die größte Chance sieht. Außerdem will er das Zentrum um Monti – die Konkurrenz im eigenen Lager – klein halten. Weshalb er ihm mit demonstrativer Geringschätzung begegnet (das „Führerchen“ Monti, angeblich im Schlepptau Bersanis).

Aber kämpft B. wirklich noch darum, Italien zu regieren? Die Frage scheint seltsam, aber ist begründet. Sein Zugeständnis an die Lega, bei einem Wahlsieg 75 % des im Norden aufgebrachten Steueraufkommens im Norden zu belassen, würde Italien unregierbar machen. Auch seine anderen Wahlversprechen machen nur Sinn, wenn B. nicht mehr in die Verlegenheit kommt, sie umzusetzen. B. geht es nur noch um seine Haut. Laut „Repubblica“ streckte er seine Fühler Richtung PD aus, um zu erkunden, wie er eine mögliche Veto-Position im Senat für sich persönlich nutzen könnte. Angeblich mit folgendem Vorschlag: Wenige Wochen nach der Wahl ist ein neuer Staatspräsident mit möglichst breiter Mehrheit zu wählen. B. weiß, dass er selbst chancenlos ist. Aber man könnte zu folgendem Deal kommen: Die PdL unterstützt die Wahl eines PD-Kandidaten, und B. wird im Gegenzug entweder Senatspräsident – mit allen damit verbundenen Privilegien gegenüber der Justiz -, oder bekommt zumindest ein ehrenvolles „freies Geleit“ ins politische Rentnerdasein. Das heißt eine Generalamnestie „ad personam“, die er sich schon lange wünscht und einen definitiven Schlussstrich unter alle seine Prozesse ziehen würde.

Es wäre ein letzter Deal, nicht weniger schändlich als B.s ganze Ära.

Fortsetzung: Mittelinks und Zentrum, die beiden anderen „Pole“