Nach den Regionalwahlen

In 13 von 20 italienischen Regionen wurde am 28. und 29. März gewählt. Aus der Distanz betrachtet mit dem Ergebnis „unentschieden“: In 7 Regionen gewann Mitte-Links, in 6 die Rechte. Über alle Regionen hinweg gerechnet erreichten beide Lager jeweils knapp 40 Prozent der Stimmen, mit zwei fast gleich großen Leit-Parteien: Berlusconis Freiheitsvolk kam auf 26,7 %, die PD auf 26 %. Zwischen den Blöcken steht, als Zünglein an der Waage, mit knapp 6 % die katholische UDC, die beide Seiten umwerben.

Die Rechte erklärt sich zum Wahlsieger. Insofern mit Recht, als sie bei den Wahlen von 2005 nur in zwei Regionen eine Mehrheit errang (jetzt in sechs) und die Wahlprognosen für sie vor einigen Wochen noch schlecht aussahen, und sie nun auch die beiden wichtigen Regionen Piemont und vor allem Lazio gewann. Nimmt man jedoch Berlusconis frühere Absicht zum Maßstab, die Wahlen zum grandiosen Durchmarsch seines Freiheitsvolks zu machen, ist sein Erfolg schon bescheidener.

Ist das Ergebnis also ein Schritt zur „Normalisierung“? Betrachten wir die Details.

Das vielleicht wichtigste Detail ist die Vorgeschichte. Es ist die Methode, mit der es B. schaffte, im letzten Moment das Ruder herumzureißen. Da war zunächst die völlige inhaltliche Entleerung des Wahlkampfs und dessen Umwandlung in ein Referendum über seine Person. Darauf zielte seine eigene Wahlkampfführung: die Partei der Liebe gegen die Partei des Hasses, wobei unter letztere alles subsumiert wurde, was ihn irgendwie kritisieren, gerichtlich verfolgen oder mit Wahlordnungen behelligen wollte. Dazu gehörte aber auch eine beispiellose Attacke auf die Meinungsfreiheit: während des Wahlkampfs das Verbot aller Talkshows, in denen politische Kritiker zu Wort kommen konnten. Stattdessen wurde das Fernsehen vollständig instrumentalisiert: Nachrichtensendungen und Interviews mit Berlusconi auf allen Kanälen.Wir können nun ahnen, wie die Referenden aussehen werden, mit denen B. seinen „Presidenzialismo“ legitimieren will. Und wenige Tage vor der Wahl ein Hirtenbrief der katholischen Bischofskonferenz: Kein Katholik darf jemandem seine Stimme geben, der in irgendeiner Weise die Abtreibung befürwortet. Obwohl es hier um eine Frage ging, die gar nicht in die Kompetenz der Regionen fällt, war die Stoßrichtung klar: Die „Laizisten“ im Mitte-Links-Bündnis wurden an den Pranger gestellt. Dann kamen ein Tag vor der Wahl, wie auf Bestellung, Pakete mit Sprengstoff bei Berlusconi und bei Bossi an. Absender: Mailänder Anarchisten. B.s Propagandamaschine lief sofort an: Die wahren Absender seien Di Pietro, die „Partei des Hasses“, die gesamte Linke.

Das zweite Detail ist die gewachsene Wahlenthaltung. Nur knapp 64 % der Wahlberechtigten gingen zur Wahl – im europäischen Vergleich ist das nicht schlecht, aber für Italien bedeutet es einen deutlichen Rückgang (bei den Regionalwahlen im Jahr 2005 waren es noch 71,4 %). Dazu gehört auch der Erfolg des Komikers Beppe Grillo, dessen Anti-Partei in den fünf Regionen, in denen sie sich zur Wahl stellte, zu teilweise beachtlichen Ergebnissen kam (insgesamt 400 000 Stimmen, in der Region Emilia Romagna sogar 7 %, in Piemont – wo die Linke knapp verlor – 4 %).
Das dritte Detail sind die Verschiebungen innerhalb der Lager. Ein Vergleich mit den Regionalwahlen von 2005 zeigt, dass Berlusconis Freiheitsvolk eine Million Stimmen verlor, was aber die Stimmenzuwächse der mit ihm verbündeten Lega, die ihre Stimmenzahl verdoppeln konnte, mehr als ausgleichen. B. ist also noch abhängiger von der Partei der Fremdenfeindlichkeit geworden. Auch im (weiterhin zersplitterten) Mitte-Links-Lager hat sich das Gewicht der PD verringert, während die Di Pietro-Partei Italia dei Valori an Zulauf gewann – die Kritik am „weichen“ Politikstil der PD wird sich verstärken.

B. hat bereits angekündigt, nun sei die Zeit zum Handeln gekommen. Zunächst will er nur erreichen, dass Leute wie er nicht mehr abgehört werden können. Dann soll die „große, große, große Justizreform“ kommen. Und schließlich der „Presidenzialismo“. Die Gefahr, dass Italien in ein autoritäres Regime abdriftet, hat diese Wahl nicht vermindert.

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