Rückzug in zwei Jahren?

„Ich bin der einzige Garant für die finanzielle Stabilität des Landes und für die Verpflichtungen, die wir gegenüber Europa eingegangen sind. Aber Vorsicht. Wenn ich falle, fällt Italien, und wenn Italien fällt, fällt der Euro. Denn Italien ist zu groß, um gerettet werden zu können. Das ist eine Kette“
(Giulio Tremonti, italienischer Finanzminister).

Bisher war es B.s Mantra, dass ihn die Justiz noch nie rechtskräftig verurteilt habe. Aber alle Gesetze „ad personam“ können nicht verhindern, dass diese scheinbar weiße Weste nun einen hässlichen Fleck bekommt. Ein Mailänder Zivilgericht entschied, dass er an De Benedettis CIR 560 Mio. € Entschädigung zahlen muss, weil er sich zu Beginn der 90er Jahre durch Richterbestechung in den Besitz des Mondadori-Verlages brachte, der eigentlich der CIR zustand. In welchem europäischen Land könnte sich ein solcher Mann weiter an der Regierung halten? In Italien kann er es.

Zunächst die gute Nachricht. B. hat angekündigt, bei der nächsten Wahl nicht wieder für das Amt des Ministerpräsidenten zu kandidieren. Und entgegen früheren Ankündigungen will er auch nicht mehr Staatspräsident werden. Die schlechte Nachricht ist, dass er noch bis 2013, dem Ende der Legislaturperiode, im Amt bleiben will. Kommt es auf die beiden Jahre noch an? Man könnte sagen: Ein Trümmerfeld hinterlässt er sowieso. Aber je länger es liegen bleibt, desto schwieriger wird der Wiederaufbau sein.

Auch gegenüber der guten Nachricht sollte man misstrauisch sein. Denn B. hat auch weiterhin jedes Interesse, sich an der politischen Spitze zu halten. Der Mondadori-Fall beweist, dass er sein Imperium mit Mitteln außerhalb der Legalität aufgebaut hat, und er führt ein Leben, das ihn bis heute (siehe „Ruby“) in Konflikt mit der Justiz bringt. Obwohl er buchstäblich alles einsetzt, um sie sich vom Leib zu halten, gelingt ihm das schon jetzt nur teilweise. Die Erinnyen holen ihn spätestens dann ein, wenn ihm die politische Macht endgültig entgleitet.

Nun aber konzentriert sich sein politischer Überlebenswille erst einmal auf die nächsten zwei Jahre, in denen noch viel geschehen kann. Er kann versuchen, sich ein paar weitere Verfahren vom Halse zu schaffen – vielleicht mit neuen Gesetzen „ad personam“, oder indem er irgendjemand glauben macht, im Fall Ruby habe er wirklich gemeint, „Mubaraks Nichte“ zum Wohle Italiens zu retten. Und wer weiß – vielleicht gelingt ihm in dieser Zeit auch noch eine wundersame politische Wiederauferstehung.

Für Italien können es katastrophale Jahre werden. Auf wirtschaftlichem Gebiet, weil die gegenwärtige Stagnation zur Rutschpartie Richtung „Griechenland“ werden könnte. Nach der Warnung der Rating-Agenturen kommen nun auch Alarmsignale von den Börsen: Italienische Staatsanleihen müssen gegenüber deutschen schon das Doppelte an Zinsen bieten, um noch Interessenten zu finden. Was die Entschuldung des Haushalts nicht gerade erleichtert. Auf dem Gebiet der Infrastruktur, weil der Staat die Verwaltung, das Transportwesen, die Post, die Müllentsorgung usw. verludern lässt. So auch das öffentliche Bildungswesen. Auf dem Gebiet der Justiz, die B. eher zerschlagen als reformieren will. Und der staatseigenen Medien, deren Qualität B. mit allen Mitteln unterminiert. Auf dem Feld der Korruptionsbekämpfung, auf dem es gegenwärtig der Fuchs ist, der die Gänse beaufsichtigt. Alles kann in zwei Jahren noch weiter ruiniert werden, als es sowieso schon ist.

Auch in Europa. Siehe das obige Tremonti-Zitat: Mit Italiens Wirtschaft kann B. auch ganz Europa in den Abgrund reißen. Und mit B.s Leuten in ihrer Mitte straft die EVP alle diejenigen Lügen, die sie noch für einen Hort der Wertkonservativen halten. Die Ansätze zum Aufbau einer politischen Alternative um Fini und Casini könnten noch weiter marginalisiert werden. Schon jetzt geht B. mit dem Plan hausieren, in Italien die eine große „EVP-Partei“ aus der Taufe zu heben – unter Rückendeckung von Merkel und Cameron, aber mit B. als italienischem Protagonisten. Wodurch – in Italien und in Europa – das Bild dieser EVP noch weiter verhunzt würde. Und nicht nur für zwei Jahre.

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