Der Baron und der Cavaliere

Als kürzlich der SPD-Vorsitzende Gabriel den Baron von und zu Guttenberg mit Silvio Berlusconi verglich, lag er wohl etwas daneben. Nicht jeder, der unter der Dusche singt, ist deshalb schon ein Opernstar. Aber noch mehr daneben lag der zweite Fraktionsvorsitzende der CDU, Andreas Schockenhoff, als er in der Bundestagsdebatte am 23. Februar begründete, warum ihn Gabriels Vergleich so aufregt. Er sei „infam“, denn Berlusconi, so Schockenhoff, sei ein „alter Mann, der Sex mit Minderjährigen“ habe.

Für wen dieser Vergleich „infam“ ist, sei dahingestellt. Denn während sich der Baron beim Abschreiben von Teilen seiner Doktorarbeit erwischen ließ, ließ sich B. höchstens bei seiner Gutherzigkeit erwischen. Er hat ja selbst gesagt: Der minderjährigen Ruby gab er nur deshalb Geld, damit sie endlich von der Straße kommt und sich dort nicht mehr verkaufen muss. Also das Gegenteil von „Sex mit Minderjährigen“! Als ich das hörte, habe ich vor Rührung geweint. Alle reden davon, dass wir uns der Fremden erbarmen sollen. Silvio tut es einfach, wie Jesus. Das soll ihm der Guttenberg erst einmal nachmachen!

Übrigens hat sich Schockenhoff dabei nicht einmal mit seiner Chefin Angela Merkel abgestimmt. Im Europaparlament drücken die Leute von der CDU/CSU die gleiche Fraktionsbank wie B.s Leute, da wird im Gleichschritt marschiert. Jedes Mal, wenn sich Angela und Silvio sehen, küssen und knuddeln sie sich. Tut die Merkel das auch mit Guttenberg? In Italien verkündet B. immer wieder, dass ihm die Regierungschefs dieser Erde zu Füßen liegen (dass auch Gaddafi und Mubarak dazu gehörten: Schwamm drüber). Von Angela und der CDU hat man bisher nichts Gegenteiliges gehört.

Und was kann schließlich B. dafür, dass er (wie er sagt) nicht „schwul“ ist, sondern die Frauen liebt, wie sie auch ihn lieben? Ihn, der mit seinen 74 Jahren eben nicht ein „alter Mann“, sondern immer noch ein toller Hecht ist? Ist es nicht blanker Neid, wenn ihm nun Leute vorwerfen, dass ihm auch minderjährige Mädchen nachlaufen?

Aber B. ist nicht nur toll, er ist genial. In der Sache mit Ruby meinten alle, die ihm übel wollen, dass sie ihn jetzt festgenagelt haben. Dass er jetzt schwört: nein, ich war es nicht, ich habe es nicht getan, und ihm dann mit Hunderten von abgehörten Telefongesprächen nachweisen: Du hast es doch getan. Aber abgesehen davon, dass ja doch alles von den kommunistischen Staatsanwälten erstunken und erlogen wurde, hat er ihnen eine lange Nase gedreht. Indem er sagte: Natürlich bin ich ein Sünder, wie alle Menschen. Aber aus jeder Sünde ein Verbrechen zu machen, ist das nicht die wahre Inhumanität? Waren es nicht die Jakobiner, die in der französischen Revolution eine Schreckensherrschaft errichteten? Aber sorge dich nicht, mein geliebtes Volk, ich werde dir die puritanische Justiz vom Leibe schaffen. Da stehen sie nun plötzlich da, die Richter und Staatsanwälte, wie ertappte Diebe, die dem Volk die Freiheit stehlen wollen. Und wer uns rettet, ist B.

Was tat Guttenberg, als sie ihn wegen der abgeschriebenen Doktorarbeit ertappten? Auch er hat versucht, allen eine lange Nase zu drehen, indem er erklärte: Ich habe meine Arbeit noch einmal durchgelesen, sie ist schlecht, ich ziehe sie zurück. Damit alle merken: Er bestimmt selbst, was an seiner Arbeit auszusetzen ist. Das ist nicht Täuschung und Betrug, sondern sie ist unter seinem Niveau. Womit er Herr des Verfahrens bliebe, wie es sich für einen von und zu Guttenberg gehört. Etwas von Silvio gelernt hat er schon. Aber eben nur etwas. Denn er rettet höchstens sich selbst für den weiteren Dienst am deutschen Volk – er bleibt Minister, wenn auch ohne Doktor. Während Silvio ganz Italien rettet. Er ist eben unvergleichlich.


Nachbemerkung der Redaktion:

Admirator schrieb diesen Beitrag, bevor Guttenberg zurücktrat. Seine Aussage, dass Guttenberg „Minister bleibt“, hat sich somit als falsch erwiesen. Wir baten ihn (Admirator) um eine Stellungnahme, und er teilte uns sinngemäß Folgendes mit: Er gebe zu, den Baron im Vergleich zu Berlusconi immer noch überschätzt zu haben. Nun sei B.s Unvergleichlichkeit noch klarer geworden: Ein Guttenberg trete vielleicht zurück. ABER EIN BERLUSCONI NIE! Auch das sei eben der Unterschied.


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