Nach dem Anschlag

Die Instrumentalisierung des Anschlags vom 13. Dezember auf Berlusconi ist in vollem Gange. Der Aufmacher von „il Giornale“ sah am 16. 12. so aus:

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Die Botschaft ist unmissverständlich: „Es war alles organisiert“ (Titel) und „mitnichten nur die isolierte Tat eines Verrückten“ (Obertitel). Also eine Verschwörung. Im Untertitel geht es weiter: „Der Anschlag auf Berlusconi entstand aus dem von Di Pietro und Co. geschürten Hass. Auf dem Platz waren weitere 300 Gewaltbereite“. Es war also nicht ein Täter, sondern es waren 300, und wer dahinter stand, wird gleich beim Namen genannt, samt dem ominösen „und Co.“. Dann die Karikatur: Von oben herab wirft ein gewaltiger Richter mit hassverzerrtem Gesicht den Mailänder Dom auf Berlusconi, der klein und bescheiden vor dem richterlichen Podest steht. Damit auch klar ist, wer damit gemeint ist: Am Richtertisch, über dem nicht nur das Kreuz, sondern auch die Sichel schwebt, steht in verballhorntem Italienisch „Corte Costituzionale“, Verfassungsgericht. Damit ist die argumentative Kette geschlossen: Hinter dem Anschlag stehen Di Pietro „und Co.“, zum „und Co.“ gehört auch das „kommunistische“ Verfassungsgericht.

Die obskure Botschaft eines obskuren Blättchens? Nein, „il Giornale“ gehört der Berlusconi-Familie, der Chefredakteur Feltri ist Berlusconis Mann. Vor kurzem machte das Blatt Furore, als es gegen den Berlusconi-kritischen Chefredakteur der italienischen Bischofszeitung, Boffo, eine Schmutzkampagne startete: „Il Giornale“ verfüge über Dokumente, dass er schwul sei und sogar die Frau seines Geliebten mit telefonischen Drohanrufen belästigt habe. Inzwischen hat Feltri verlauten lassen, er sei da wohl einer Falschmeldung aufgesessen – aber erst nachdem Boffo sein Amt entnervt aufgegeben hatte, weil er, wie er erklärte, seine Familie einer solchen Hexenjagd nicht mehr aussetzen wolle (er hat Frau und Kinder).

Für Zeitungen vom Schlage des „Giornale“ kommt der Anschlag wie gerufen. Bei der Reaktion scheinen sich die Rollen zu verteilen. Berlusconis Paladine nutzen die Gunst der Stunde, um alle diejenigen, die ihn jetzt noch zu kritisieren wagen, als Verblendete und potenzielle Mörder zu verunglimpfen. Berlusconi selbst hingegen, das Opfer, lässt verlauten, dass er gar nicht verstehe, warum ihn manche Menschen „so hassen“, aber letztlich werde „Liebe über Neid und Hass“ siegen. Dass seine politischen Instinkte funktionieren, zeigte sich nach dem Anschlag. Zunächst reagierte er wie jeder verletzte Mensch: Er krümmte sich zusammen und bedeckte die Wunde mit den Händen. Aber als man ihn ins Krankenhaus bringen wollte, ließ er das Auto noch einmal halten. Er stieg auf das Trittbrett, damit ihn jeder sehen konnte, und reckte der Menge unverhüllt und demonstrativ sein blutverschmiertes Gesicht entgegen: Seht, hier bin ich in meiner Schutzlosigkeit, getroffen und blutüberströmt, aber aufrecht. Es muss eindrucksvoll gewesen sein.

Von Berlusconi lässt sich in einer solchen Situation lernen, was „Populismus“ ist. Sein Ziel verfolgt er unbeirrt weiter, zumal er weiß, dass sein Kampf noch nicht gewonnen ist.

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