Anschlag

Am Abend des 13. Dezember wurde Silvio Berlusconi in Mailand von einem Mann verletzt, der mit einem touristischen Souvenir – dem Mailänder Dom in Kleinformat – nach ihm warf und ihn am Kopf verletzte. Berlusconi blutete zunächst stark, er hatte Verletzungen an Nase, Lippen und Zähnen. Der Täter wurde gefasst, über ihn erfährt man: ein Elektroniker, seit 10 Jahren in psychischer Behandlung. Die Ärzte sagen, Berlusconi werde das Krankenhaus am Dienstag wieder verlassen können.

Die öffentliche Verurteilung des Anschlags ist einhellig, auch seitens der Opposition. Trotzdem gibt es wechselseitige Schuldzuweisungen. Einige Oppositionelle sehen die Ursache im Klima der Aggression, das Berlusconi und seine Truppe erzeugt haben. Anhänger Berlusconis sagen: Schuld ist das Klima des Hasses, das von der Opposition erzeugt wurde. Wir beschränken uns auf ein Urteil über die Tat: Sie war verwerflich, sie war falsch.

Verwerflich war sie, weil auch die Mittel etwas über die Ziele aussagen, für die man sich einsetzt. Wir wissen nicht, welches Motiv der Mann hatte, der Berlusconi physisch angriff. Aber im Internet klatschen ein paar Berlusconi-Gegner Beifall. Ihnen sagen wir: Wer heute im Namen einer anderen, besseren Gesellschaft zur Gewalt greift, nimmt eine gewaltsame Gesellschaft vorweg. Und Berlusconi ist nicht Hitler. Die italienische Demokratie ist gefährdet, gerade durch Berlusconi, aber es gibt sie noch.

Falsch ist die Tat, weil Italiens Problem nicht nur der Egomane Berlusconi ist. Das Problem ist vor allem eine Gesellschaft, die mehrheitlich einem solchen Mann zujubelt. Einem Mann, der seine Macht nicht mehr in den von Recht und Verfassung gesetzten Grenzen ausüben, sondern ein autoritär populistisches Regime errichten will. Bei der politischen Auseinandersetzung mit Berlusconi geht es auch um die Köpfe und Herzen der Italiener, und die gewinnt man durch Überzeugung, nicht durch körperliche Anschläge.

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